lunes, 1 de abril de 2019

FREMDSPRACHENDIDAKTIK & SPRACHERWERB


Tipps zum Selberlernen
Vorweg: Es gibt keine Wundermethode, aber viele leere Versprechungen, mit denen man den Leuten das Geld aus der Tasche zieht. Sprachenlernen ist allemal Gedächtnisarbeit, (d.h. Wiederholungsarbeit!), die einem keiner abnehmen kann. Es gibt allerdings hochbegabte Sprachtalente mit einem Supergedächtnis, aber bis heute weiß die Wissenschaft nicht so recht, wie sie es schaffen, so viele Sprachen zu behalten, ohne sie auch oft zu gebrauchen. Ich selbst habe mich z.B. sprachlich auf Auslandsaufenthalte in Finnland und dem damaligen Jugoslawien gründlich vorbereitet und mich alltagsprachlich ein wenig durchgekämpft, habe aber danach alles wieder sehr schnell vergessen, ja: komplett vergessen. Selbst mein Englisch (schließlich habe ich je ein Jahr zuerst in den USA, dann in England verbracht) bröckelt allmählich ab, durch Nichtgebrauch.
Shadowing.
Ich empfehle das Shadowing, wie es der polyglotte Alexander Arguelles propagiert, ausgefeilt und über seine eigene Website (http://foreignlangua­geexpertise.com/) und Youtube vor­bildlich demonstriert hat. Es ist eine Art Echosprechen. Hauptsächlich (nicht ausschließlich) mit dieser Selbst­lerntechnik hat sich Arguelles über 20 Sprachen erarbeitet. Benötigt werden ein fremdsprachliches, gedrucktes Original nebst Übersetzung, dazu eine Audioversion. Damit wird ein wenig an den Trojaentdecker Heinrich Schliemann erinnert, der ebenfalls mit Ganzschriften und Übersetzungen arbeitete, allerdings gab es noch keine Audioversionen.
Das konzentrierte, laute Nachsprechen erfolgt am besten im Gehen (Alexander Arguelles empfiehlt strammes Gehen), draußen, mit Kopfhörer und dem Buch in der Hand. Man kann sich dieses Multitasking schrittweise erarbei­ten, indem man z.B. zunächst die Übersetzung liest und neben das Original hält. So hat es auch Schliemann gehalten: Um eine neue Sprache zu lernen, nahm er vorzugsweise einen alten, ihm schon gut bekannten Text, der ihm übersetzt in der zu lernenden Sprache vorlag. Man lernt etwa in der Art, wie auch Simultandolmet­scher zugleich beides können, abhören und sprechen/übersetzen.  Um Mut zu fassen, versuche man das gleichzeitige Hören und Echosprechen mit mutter­sprachlichen Texten: Es geht! Dabei merkt man auch, dass es nicht mit jedem Text gleich gut geht, da manche Texte zu schnell gesprochen werden. Statt mit Kopfhörer und Buch in der Hand zu marschieren, kann man  auch mal probieren, bei leichten Küchenarbeiten, die kaum Auf­merksamkeit abziehen, einen bekannten, wohl verstandenen Text abzuhö­ren und laut mitzusprechen. Regelmäßiges Üben mit vielen Wiederholungen ist nötig. Wir sind ja statistical learners, unser Gehirn verrechnet Schrift-Laut-Korrespondenzen und andere Regelmäßigkeiten, etwa Endungen, die immer kombiniert mit anderen Elementen auftauchen. Dazu braucht man aber Stehvermögen. – Arguelles ist keiner, der eine Wundermethode fanatisch vertritt, sondern empfiehlt, selbst zu experimentieren. Er ist ein Sprachenliebhaber, der sich auch entsprechend Zeit zum Lernen nimmt.
Ich hab es selbst noch nicht ausprobiert, aber es gibt einen freeware sound editor „Audacity“, mit dem man Hörtexte ohne Verzerrungen verlangsamen kann. Alexander Arguelles schrieb mir  dazu Folgendes: „On MP3 players that have been designed for audiobook listeners in  mind (such as my Sansa Clip + from SanDisk), there is a built-in speed control  that allows you to listen at slow, normal, or even high speed if you should  wish.“
Beim shadowing sollten Sie auch experimentieren. Einige empfehlen z.B., nur mit der Audioversion zu beginnen, d.h. diese ohne Text und ohne Übersetzung halb mitzusprechen, halb nachzusprechen (blind shadowing). Dann den Text mitsprechen und zugleich die Übersetzung mitverfolgen.  Danach erst den gedruckten Text mitzunehmen usw. Den muss man sowieso außen vor lassen bei anderen Schriftsystemen, es sei denn, es ist Mandarin-Chinesisch, da sollte man die Pinyin-Version benutzen (also die Umschrift der chinesischen Schrift auf der Basis des lateinischen Alphabets).
Beim shadowing ist das Gehirn damit beschäftigt, ständig die zwei Informationskanäle miteinander  zu verbinden, d.h. Gesehenes und Gehörtes miteinander abzugleichen. Wir müssen uns bemühen, dabei primär dem Gehörten den Vorrang zu lassen und den gedruckten Text nur nebenher wahrzunehmen, gewissermaßen peripher (um nicht nach der Schrift auszusprechen, z.B. Englisch post wie deutsch Post).
Eine zweisprachige Textausgabe, d.h. eine gute Übersetzung genügt nicht bei Sprachen, die ziemlich anders gebaut sind als das Deutsche.  Hier empfehle ich die schon seit langem auf dem Markt befindlichen Assimil-Kurse, weil sie mit der guten Übersetzung auch eine wörtliche Übersetzung bieten. Man benutze auch die Kauderwelsch-Reihe, die Zweifach-Übersetzungen liefern, aber nur Einzelsätze, keine Texte. Beim Sprachenlernen müssen wir nämlich nicht nur verstehen, was gemeint ist, also französisch „huit heures moins cinq“ heißt „fünf vor acht“, wir müssen auch verstehen, wie’s gesagt ist, Wort für Wort: „acht Stunden weniger fünf“: Das ist das berühmte Doppelverstehen, die Grundbedingung allen Spracherwerbs. Die fremde Sprache wird durchschaubar, sie wird in der Muttersprache gespiegelt, und wir können eigene Sätze riskieren. Noch ein Beispiel: Wir sagen: „Guten Appetit“, wie die Franzosen „Bon appétit“ sagen, doch im Englischen heißt es  „Enjoy your meal.“ Aber nur wenn wir auch wissen, dass es wörtlich „genieße dein Essen“ heißt, können wir uns an eigene Sätze nach gleichem Muster heranwagen, etwa „enjoy the game“ , enjoy the dance“, enjoy your icecream“ usw.
Sehr gute Tipps hat Robert Kleinschroth, Sprachen lernen. Der Schlüssel zur richtigen Technik. Rororo
Die Sprache wollen.
Wer sich Zeit für eine Sprache nimmt, hat diese Sprache schon angenommen. Denn zum fruchtbaren Lernen gehört eine gefühlsmäßige Bereitschaft. Manchmal ist es schlicht die Einsicht in die Notwendigkeit. Not lehrt beten und Not lehrt lernen, auch Sprachen lernen. Als Grillparzers Abreise nach London heranrückt, versucht er es zunächst mit Privatlehrern, gibt dann auf und beschließt, “erst im Strome selbst das Schwimmen zu versuchen.” (Selbstbiographie). Viele Emigranten, die ihr Land Hals über Kopf verlassen mußten, um ihre nackte Haut zu retten, hatten da gar keine Wahl. „Sprache stellt sich ein durch Notwendigkeit…oder sie stellt sich ein, weil ich das will, dringend will, und weil ich mich dringend darum bemühe. Sprache kann nicht gemacht und sie kann nicht verordnet werden, sie muß sich einstellen.” (Peter Bichsel, Praxis Deutsch 1997, 7)